02. Dezember 2019

Alle Jahre wieder – Kirchgang an Weihnachten

Artikel Mami, Papi & Ich

Dezember 2019

„Herr Amberg, Sie müssen unser Weihnachten retten! “ Vor mir saß meine Mandantin, die ich vor kurzem in ihrem Scheidungsverfahren anwaltlich begleitet hatte. Sie war mittlerweile glücklich geschieden, ihre aus der Ehe stammende 3 jährige Tochter Eva lebte bei ihr. „Es geht um Eva und Weihnachten“, erzählte meine Mandantin. „Eva befindet sich am 2. Weihnachtstag beim Vater, der mit ihr unbedingt in den Gottesdienst gehen will. Stellen Sie sich vor, er verlangt sogar, dass ich Heilig Abend, wenn Eva bei mir ist, mit ihr in die Christmette  gehe. Dabei weiß er genau, dass ich aus der Kirche ausgetreten bin. Er sagt aber, wir haben die gemeinsame elterliche Sorge und daher kann er das von mir verlangen.“

 

Gemeinsame elterliche Sorge

Eltern üben grundsätzlich gemeinsam die elterliche Sorge aus. Dies gilt auch, wenn die Eltern getrennt leben oder geschieden sind; auch über die Trennung und Scheidung hinaus verbleibt es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge. Allerdings kann jeder Elternteil beantragen, die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben und ihm die alleinige elterliche Sorge zu übertragen. Dieser Antrag ist begründet, wenn die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil alleine dem Kindeswohl am besten entspricht.

 

Religiöse Eriehung

Nach dem Gesetz über die religiöse Kindererziehung (RelKErzG) steht den Eltern das Recht zu, die religiöse Erziehung des Kindes zu bestimmen. Das Bestimmungsrecht endet  nach § 5 RelKErzG mit der Religionsmündigkeit des Kindes, die bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahres eintritt. Haben die Eltern das gemeinsame Sorgerecht, ist es daher auch  Aufgabe beider Eltern, gemeinsam die religiöse Erziehung zu übernehmen und zu gestalten.

 

Religiöse Toleranz

Die gemeinsame elterliche Sorge macht jedoch nur dann Sinn, wenn die Eltern sich auf Augenhöhe begegnen. Dies gilt erst Recht für die religiöse Erziehung. Die Eltern sind verpflichtet, religiöse Toleranz gegenüber dem jeweils anderen Bekenntnis walten zu lassen und das Kind keinen unnötigen Spannungen hinsichtlich der unterschiedlichen Bekenntnisse der Eltern auszusetzen. Sollte sich allerdings ein Elternteil verantwortungslos verhalten, ist ein Eingriff in das elterliche Sorgerecht dieses Elternteils gerechtfertigt.

 

Mutter bestimmt den Heilig Abend, Vater den 2. Weihnachtstag

Nachdem Eva den Heilig Abend mit der Mutter verbringt, darf die Mutter zusammen mit Eva auch das Weihnachtsfest so gestalten, wie sie es für richtig hält. Der Kindsvater kann ihr insoweit keine Vorschriften machen, vor allem nicht von ihr verlangen, in den Gottesdienst zu gehen. Dies würde gegen das Toleranzgebot verstoßen. Allerdings muss auch die Kindesmutter akzeptieren, dass der Kindesvater mit Eva am 2. Weihnachtsfeiertag in die Kirche geht. Für beide Eltern gilt allerdings, dass sie nicht nur auf den anderen Elternteil Rücksicht nehmen müssen, sondern in erster Linie auf Eva achten müssen. Ihr Kindeswohl ist entscheidend und wäre beeinträchtigt, wenn die Eltern das Kind in einen Loyalitätskonflikt bringen würden.

Nachdem ich meiner Mandantin diese Rechtslage erklärt hatte, atmete sie erleichtert auf. „Das mit der Toleranz kriegen wir hin. Ich kann ja meinem Ex-Mann anbieten, dass er mit Eva am Heilig Abend in die Kindermette geht, auch wenn er eigentlich gar keinen Umgang hat.“  Natürlich bestätigte ich meiner Mandantin, dass dies eine gute Idee sei und stellte – wie jedes Jahr - fest-, dass Weihnachten wirklich die beste Zeit ist, um Kompromisse zu finden.

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