30. November 2020

Alle Jahre wieder - Umgang am Heiligen Abend -

Artikel RA Amberg

Mami, Papi & Ich

„Herr Amberg, es geht wieder los!“ erzählte mir meine Mandantin, die sich vor einem Jahr von ihrem Ehemann getrennt hatte. Aus der Ehe stammte die 9 jährige Eva, um die im Zuge der Trennung heftig gestritten wurde. Letztendlich entschied das Familiengericht, dass die elterliche Sorge allein auf die Kindesmutter zu übertragen war. Seit dieser Entscheidung hatte sich die Situation zunehmend entspannt und der Kindesvater hatte regelmäßig Umgang mit Eva. „Aber jetzt steht Weihnachten vor der Tür und mein Ex will tatsächlich, dass Eva Heilig Abend bei ihm verbringt. Das geht doch nicht! Immerhin lebt Eva bei mir und verbringt damit automatisch den Heiligen Abend bei mir, oder etwa nicht?“

 

Umgangsrecht

§ 1684 I BGB gewährt jedem Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil. Der Elternteil, bei dem sich das Kind nicht gewöhnlich aufhält, hat Anspruch auf Umgang mit seinem Kind. Dieses Recht auf Umgang muss von dem anderen Elternteil nicht nur respektiert, sondern auch gefördert werden. Denn es hat sich mittlerweile rumgesprochen, dass es  für eine positive Entwicklung des Kindes sehr wichtig ist, nicht nur einen sorgenden (und sorgeberechtigten) Elternteil als ständigen Bindungspartner zu haben, sondern auch den anderen Elternteil zu behalten.

 

Elternverantwortung

Wie oft und wann der umgangsberechtigte Elternteil Kontakt zu seinem Kind hat, sollten im ersten Schritt die Eltern versuchen, selbst zu regeln. Denn die Eltern kennen ihr Kind am besten und sind deswegen auch regelmäßig in der Lage, selbst die besten Entscheidungen für ihr Kind zu treffen. Natürlich muss die Gestaltung des Umgangs im Kindeswohlinteresse sein. Auch bei dem Umgang ist daher an erster Stelle an das Kind zu denken und eigene Wünsche oder gar Befindlichkeiten zurückzustellen.

 

Umgangsregelung

Nachdem kein Kind gleich ist, kann es auch keine Umgangsregelung geben, die schematisch auf jedes Kind anzuwenden ist. Vielmehr kommt es auf das Alter des Kindes, die Beziehung des Kindes zu Vater und Mutter und letztendlich darauf an, wie das Kind mit der Trennung der Eltern umgeht. Eine Umgangsregelung muss daher immer individuell und am besten maßgeschneidert für das Kind entwickelt werden. Schaffen die Eltern dies nicht selbst, muss das Familiengericht – oft mit Hilfe von Sachverständigen, Jugendamtsmitarbeitern und den Anwälten - diese Regelung vorgeben.

 

Heilig Abend

Eine Regel, wonach ein Kind den Heiligen Abend immer dort verleben muss, wo es sich regelmäßig aufhält, also „zu Hause" gibt es gerade nicht. Auch bei der Beantwortung dieser Frage ist in erster Linie auf das Kindeswohlinteresse abzustellen. Ist ein Kind noch sehr klein, lebt bei seiner Hauptbezugsperson und hat zum anderen Elternteil kaum Kontakt, liegt es im Kindeswohlinteresse, dass das Kind auch den Heiligen Abend zuhause im vertrauten Umfeld verbringen kann. Besteht jedoch zu beiden Elternteilen eine enge, vertrauensvolle Beziehung, spricht nichts dagegen, wenn das Kind einmal mit dem Vater und im darauffolgenden Jahr mit der Mutter den Heiligen Abend zu verbringt.

 

Eva

Nachdem der Mandantin erklärt worden ist, dass es gerade keine Regel gibt, wonach der Heilige Abend immer mit der Mutter zu verbringen ist, machte sie das einzige Richtige: sie band in ihre Entscheidung Eva selbst mit ein. Zur Überraschung der Mandantin hatte Eva gar kein Problem damit, den Heiligen Abend statt mit der Mutter mit dem Vater zu verbringen. „Vielleicht muss ich lernen, los zu lassen, die Kinder werden ja manchmal schneller groß als man denkt“ sagte die Mandantin. Dass kann ich als Vater zweier Kinder nur bestätigen.

Dateien zum Download: