02. März 2021

Auch das noch !“ – der Ex und die Steuer -

Mami, Papi & Ich

RA Amberg

Heftige Trennung

Meine Mandantin hatte sich im April 2020 von ihrem Ehemann getrennt, nachdem er sie misshandelt und geschlagen hatte. Im Zuge der Trennung musste sogar ein Gewaltschutzverfahren eingeleitet werden; erst danach war unsere Mandantin vor ihrem Ehemann sicher. Unsere Mandantin wurde im Jahr 2020 nach Steuerklasse 5 veranlagt und hatte sehr hohe steuerliche Abzüge, während ihr Ex nach Steuerklasse 3 veranlagt wurde und im Endeffekt zu wenig Steuer gezahlt hatte. Trotz dieser Einkommensunterschiede weigerte sich der Ehemann Unterhalt zu zahlen, so dass auch dies gerichtlich geklärt werden musste. Nun forderte ihr Ex-Ehemann über seinen Rechtsanwalt die Mandantin auf, der sogenannten steuerlichen Zusammenveranlagung für das abgelaufene Kalenderjahr 2020 zuzustimmen mit der Konsequenz, dass unsere Mandantin ihre sicher geglaubte Steuererstattung verlieren würde.

 

Steuerliche Veranlagung

Ehegatten können gem. § 26 EStG zwischen der getrennten und der gemeinsamen Veranlagung wählen, sofern sie nicht dauernd getrennt gelebt haben. Nachdem man im Trennungsjahr zumindest eine gewisse Zeit noch nicht getrennt gelebt hat, ist die Zusammenveranlagung daher auch noch im Jahr, in dem man sich trennt, möglich. Bei der gemeinsamen Veranlagung wird das Einkommen beider Ehegatten zusammengerechnet, während bei der getrennten Veranlagung jeder Ehegatte sein Einkommen nur so versteuert, als wäre er nicht verheiratet. Im Falle der gemeinsamen Veranlagung würde die Mandantin keine Steuerrückerstattung erhalten, vielmehr würde ihre aufgrund der Steuerklasse 5 zu viel gezahlte Lohnsteuer mit der von ihrem Ehemann aufgrund der Lohnsteuerklasse 3 zu wenig gezahlten Lohnsteuer verrechnet werden.

 

Zustimmungspflicht

Aufgrund des ehelichen Rücksichtnahmegebots, das über die Trennung und Scheidung hinaus andauert, besteht grundsätzlich die Verpflichtung, der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Trennungsjahr zuzustimmen. Dass man bei einer getrennten Veranlagung eine Steuerrückerstattung erhalten würde, die bei der gemeinsamen Veranlagung entfällt, stellt keinen unangemessenen Nachteil dar. Denn bis zur Trennung wurde gemeinsam gewirtschaftet, so dass das Einkommen auch gemeinsam ausgegeben worden ist. Nach der Trennung wurde der Unterhalt mit den bestehenden Steuerklassen errechnet, so dass der unterhaltsberechtigte Ehegatten aufgrund seiner schlechteren Lohnsteuerklasse und dem damit niedrigeren Einkommen auch einen höheren Unterhalt bekommen hat. Grundsätzlich müsste daher unsere Mandantin der gemeinsamen Veranlagung zustimmen.

 

Keine Einbahnstraße

Das eheliche Rücksichtnahmegebot gilt jedoch für beide Ehegatten. Verletzt der, die gemeinsame Veranlagung begehrende, Ehegatte seinerseits das eheliche Rücksichtnahmegebot, kann er dies vom anderen nicht mehr einfordern. Hier hat der Ehemann unsere Mandantin körperlich misshandelt und damit offensichtlich gegen dieses eheliche Gebot verstoßen. Er kann daher ausnahmsweise nicht von unserer Mandantin verlangen, der gemeinsamen Veranlagung zuzustimmen. Vielmehr darf unsere Mandantin eine getrennte Veranlagung durchführen, was bei ihr zu einer Steuerrückerstattung führen wird.

„Familienrecht ist manchmal echt cool“ freute sich unsere Mandantin. Das kann ich als Familienrechtler natürlich nur bestätigen.   

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