08. März 2017

Aufsichtspflicht - Das Ende einer Beziehung ?-

Mami, Papi & Ich Ausgabe März 2017

Artikel RA Matthias Amberg

„So eine Frechheit!“. Vor mir saß - ziemlich erbost - meine Mandantin und übergab mir ein Schreiben der neuen Lebensgefährtin ihres geschiedenen Ehemannes. In diesem Schreiben forderte die neue Lebensgefährtin unsere Mandantin auf, eine Rechnung von über 5.000,00 € für die Reparatur des Lackschadens an ihrem Auto zu bezahlen. „Mein fünfjähriger Sohn befand sich am Wochenende bei seinem Vater und spielte dort vor seiner Wohnung. Offensichtlich hat mein Sohn den geparkten Pkw der neuen Freundin meines Ex-Mannes mit Steinen zerkratzt.“ Mit dem Schreiben forderte nun die Lebensgefährtin von unserer Mandantin und ihrem Sohn Schadensersatz. „Ich kann doch nichts dafür, wenn mein Ex-Mann nicht auf unseren Sohn aufpasst, oder?“

 

1. Haftung der Kinder

Ob ein Kind für einen von ihm verursachten Schaden haftet, hängt entscheidend von seinem Alter ab. Kinder unter sieben Jahren können allerdings selbst nicht für einen Schaden verantwortlich gemacht werden, da sie noch nicht deliktfähig sind.

 

2. Haftung der Eltern

Wenn das Kind nicht haftet, ist jedoch zu fragen, ob nicht die Eltern zur Verantwortung gezogen werden können. Eltern haften allerdings nicht für ihre Kinder, also für deren Fehlverhalten, sondern immer nur für eigenes Fehlverhalten. Dieses kann nur vorliegen, wenn die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.

 

3. Aufsichtspflicht

Die Aufsichtspflicht beinhaltet, dass die Eltern alle Maßnahmen ergriffen haben, um einen Schaden zu vermeiden. Das Maß der gebotenen Aufsicht richtet sich nach dem Alter, der Eigenart und dem Charakter des Kindes. Während beispielsweise ein einjähriges Kind nicht alleine gelassen werden kann, können fünf- bis sechsjährige Kinder schon für eine gewisse Zeit ohne Aufsicht gelassen werden. Denn zu ihrer Entwicklung gehört gerade die Möglichkeit zum Aufenthalt und Spielen im Freien, ohne dass sie auf „Schritt und Tritt“ überwacht werden müssen. Allerdings müssen sich die aufsichtspflichtigen Eltern in regelmäßigen Abständen davon überzeugen, dass alles in Ordnung ist. Nach der ständigen Rechtsprechung wird bei fünf- bis sechsjährigen Kindern ein Kontrollabstand von 15 bis 30 Minuten als erforderlich, aber auch als ausreichend angesehen.

 

4. Vater muss zahlen

Unter Berücksichtigung dieser Rechtslage konnte ich unsere Mandantin beruhigen. Ihr fünfjähriger Sohn war bereits aufgrund seines Alters nicht deliktfähig und konnte daher für den von ihm verursachten Schaden nicht verantwortlich gemacht werden. Auch unsere Mandantin  konnte nicht zur Verantwortung gezogen werden, da sie mangels Anwesenheit vor Ort gar nicht ihre Aufsichtspflicht verletzt haben konnte. Das Kind hielt sich beim Vater auf, den zu diesem Zeitpunkt auch alleine die Aufsichtspflicht traf. Insofern konnte die neue Lebensgefährtin nur den Ex-Mann unserer Mandantin in Anspruch nehmen. 

„Ob die neue Beziehung das aushält, wage ich zu bezweifeln“ verabschiedete sich meine Mandantin und verließ schmunzelnd das Besprechungszimmer.

Dateien zum Download: