28. Juni 2022

„Darf ich das eigentlich?“ - Urheberrecht im Kindergarten -

Mami, Papi & Ich

RA Amberg

„Ich hätte dann noch eine ganz andere Frage, Herr Amberg.“ Ich hatte gerade mit meiner Mandantin die nächsten Schritte in ihrem Scheidungsverfahren besprochen, als sie mir erzählte, dass sie als Kindergärtnerin regelmäßig den Kindern von ihr aus dem Internet kostenpflichtig erworbene Musik vorspielt. Jetzt hatte ein Vater sie darauf angesprochen und ihr vorgeworfen, dass sie sich wegen einer Urheberrechtsverletzung strafbar machen würde.

 

Urheberrecht

Mittlerweile gibt es fast nichts mehr, was man nicht im Internet finden kann. Da kann man auf die Idee kommen, dass man auch alles, was man findet, unbegrenzt nutzen darf. Diese Auffassung kann jedoch ziemlich teuer werden. Gerade auch für das Internet gilt nämlich nach wie vor das Urheberrecht. Danach genießen die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst für ihre Werke Schutz. Was erlaubt und verboten ist, ist im Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelt.

 

Musik

§ 2 UrhG zählt ausdrücklich Musik zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Der Künstler darf alleine entscheiden, wann und in welcher Form das jeweilige Musikstück veröffentlicht, vervielfältigt und verwertet wird (Verwertungsrecht). Durch die Nutzungsrechte kann der Schöpfer sein Werk anderen zur Verwertung überlassen. Internetanbieter können damit bestimmte Nutzungsrechte erwerben, um das Musikwerk zu veröffentlichen, also zum Beispiel kostenpflichtig zum Download anzubieten. Wird Musik, egal ob  man sie kostenlos oder kostenpflichtig im Internet abrufen kann, öffentlich abgespielt, ohne dass man dafür die Nutzungsrechte hat, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor.

 

Kindergarten

Ob in dem Verhalten unserer Mandantin eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, hängt entscheidend von der Frage ab, ob der Kindergarten öffentlich oder „privat“ ist. Nach der Rechtsprechung spricht man dann von einer Öffentlichkeit, wenn die Teilnehmer nicht durch persönliche Beziehungen verbunden sind. Es wird in der Rechtsprechung jedoch davon ausgegangen, dass Unterrichts- bzw. Lehrveranstaltungen an Schulen  im Klassenverband ebenso wie der Aufenthalt im Kindergarten nicht öffentlich sind. Da der Kindergarten insofern einen geschützten „privater Rahmen“ darstellt, können also grundsätzlich die aus dem Internet erworbene Musik im Kindergarten genutzt werden. Allerdings sind immer die Nutzungsbedingungen des jeweiligen Streaminganbieters zu beachten, da manche die Wiedergabe der Musik vor Dritten gänzlich ausschließen.

 

Bei dem Streaminganbieter unserer Mandantin war dies zum Glück nicht der Fall, so dass der nächsten „Kindergartendisco“ nichts mehr im Weg steht.

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