29. August 2019

Der Praktikumstag - Aufsichtspflicht im Kindergarten -

Artikel RA Amberg

Mami, Papi & Ich

„Ab morgen gehe ich wieder in meinen alten Kindergarten“ erzählte eines abends mein 15-jähriger Sohn. Auf meine Erwiderung, dass die letzte Lateinarbeit nun nicht so schlecht war, dass er gleich wieder in den Kindergarten zurückgehen müsste, erntete ich nur ein müdes Lächeln. „Ich mache doch nur einen Praktikumstag, Papa! Aber wie ist das eigentlich? Hafte ich, wenn ein Kind sich verletzt?

1.   Aufsichtspflicht 

      Gemäß §§ 1626, 1631 BGB haben in der Regel die Eltern das Recht und die Pflicht, das minderjährige Kind zu beaufsichtigen. Sie können aber die Aufsichtspflicht für einen Teil des Tages auf den Träger des Kindergartens übertragen. Der Träger wiederum überträgt die Aufsichtspflicht auf die Erzieherin. Ab dem Moment, in dem die Eltern das Kind den Erziehern übergeben haben, beginnt die Verantwortung des Kindergartens; sie endet, sobald Mutter/Vater kommen, das Kind abholen und mit ihrem Kind Kontakt aufgenommen haben.

2.   Inhalt der Aufsichtspflicht 

      Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes, sowie danach, was dem Aufsichtspflichtigen in der konkreten Situation zugemutet werden kann. Dies bedeutet, dass eine Aufsichtspflicht immer situationsbedingt geführt werden muss. Die Erzieher müssen sich über die Fähigkeiten und Krankheiten des Kindes, örtliche Gegebenheiten sowie Schutzbestimmungen informieren. Des Weiteren müssen sie die ihnen anvertrauten Kinder über diese Gefahren informieren, den korrekten Umgang mit den verwendeten Materialien (wie beispielsweise Sportgeräte) erklären sowie ihnen Verhaltensregeln erstellen und mitteilen. Gleichzeitig müssen sie sich regelmäßig vergewissern, dass die von ihnen aufgestellten Regeln verstanden und befolgt werden. Darüber hinaus müssen sie natürlich ständig in der Lage sein, bei Gefahren rechtzeitig eingreifen zu können.

3.   Verletzung der Aufsichtspflicht

      Es kann im Kinder­garten immer wieder vorkommen, dass sich ein Kind verletzt, seinem Spiel­ka­me­raden weh tut oder Spielzeug kaputt macht. Dies bedeutet aber gerade nicht, dass der Kindergarten immer seine Aufsichtspflicht verletzt hat. Stolpert ein Kind im Kindergarten beispielsweise über ein Spielzeug und verletzt sich dabei, kann dies manchmal auch nicht die aufmerksamste Erzieherin verhindern. Für die motorische Entwicklung der Kinder und der Festigung eines gesunden Gleichgewichtsverhaltens sind diese Erfahrungen sogar manchmal unvermeidlich. Eine Verletzung der Aufsichtspflicht kann erst dann angenommen werden, wenn die Erzieherin ein Kind etwa nicht verstärkt überwacht, obwohl es schon früher mit schädigendem Verhalten aufgefallen ist oder dieses Verhalten vorhersehbar war.

4.   Heldinnen des Alltags 

      Nach dem Praktikumstag saß mein Sohn abends völlig erschöpft auf dem Sofa: „Mann, war das anstrengend“. Den ganzen Tag sind die Kinder um mich rumgesprungen, ich hatte keine ruhige Minute. Keine Ahnung, wie das die Kindergärtnerinnen jeden Tag hinbekommen. Sie sind für mich wirklich die Heldinnen des Alltags! Da kann man sich glatt wieder auf die Schule freuen. Lächelnd sahen meine Frau und ich uns an: Wir lieben einfach diese Praktikumstage!

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