Artikel RA Amberg
Mami, Papi & Ich
„Herr Amberg, Sie müssen mir helfen!“. Vor mir saß meine Mandantin, die ich gerade in einem Sorgerechtsverfahren vertrete. Sie erzählte, dass ihre 14 jährige Tochter am nächsten Freitag während der Schulzeit auf eine Demonstration zum Klimaschutz gehen möchte, die Schulleitung aber schon darauf hingewiesen hat, dass dies mit einem Verweis geahndet werden würde. „Wenn mein Ex-Mann das erfährt, wird er dies bestimmt im Sorgerechtsverfahren gegen mich verwenden, was soll ich nur tun?“
1."Fridays for Future"
Seit einigen Monaten demonstrieren viele Schüler nach dem Vorbild der schwedischen Schülerin Greta Thunberg freitags während der Schulzeit für den Klimaschutz. Die Entscheidung, während der Schulzeit zu demonstrieren, soll auch bewirken, dass eine größere Aufmerksamkeit – insbesondere der Medien – auf die Demonstrationen gelenkt wird. Nun steht einerseits sicherlich auch Schülern das sich aus der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG abzuleitende Streikrecht zu, anderseits besteht genauso zwingend die sich aus dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag nach Art. 7 Abs. 1 GG abzuleitende Schulpflicht.
2. Schulpflicht
Betrachtet man die Schulgesetze, ist den Schülern eine Teilnahme an Demonstrationen während der Schulzeit nicht erlaubt. Diese Teilnahme verstößt gegen die Schulpflicht. Diese gilt übrigens auch für jene Schüler, die nach Ablauf der zumeist neunjährigen Vollzeitschulpflicht beispielsweise eine gymnasiale Oberstufe besuchen. Da die Demonstrationen in der Unterrichtszeit stattfinden, gilt eine ungenehmigte Teilnahme als unentschuldigtes Fehlen.
3. Sanktionen
Die Schulleitung können, müssen aber nicht auf das unentschuldigte Fehlen mit Sanktionen reagieren. Die Sanktionen reichen von Nachsitzen und gehen bis zeitweiligem oder gar völligem Ausschluss vom Unterricht. Andererseits kann man auch einen Antrag auf Befreiung vom Unterreicht stellen. Immerhin sehen die Schulgesetze vor, dass die Schüler in ihrer Bereitschaft gestärkt werden sollen, Mitverantwortung für die Umwelt zu übernehmen. Nachdem ein Antrag auf Schulbefreiung wegen dem 80. Geburtstag der Oma regelmäßig genehmigt wird, wäre es interessant zu erfahren, wie hier die Schule im Hinblick auf den Bildungsauftrag reagiert. Einen Rechtsanspruch auf Schulbefreiung haben die Schüler jedoch nicht.
Wenn Sanktionen verhängt werden, müssen die Sanktionen immer angemessen sein. Sie müssen zunächst an ein individuelles Fehlverhalten anknüpfen, dürfen also nicht als Kollektivstrafe verhängt werden und im Übrigen auch keinen Straf- oder Vergeltungscharakter haben. So kann zum Beispiel angeordnet werden, dass die Schüler Freitagnachmittags den verpassten Lernstoff nachholen müssen (Nachsitzen). Nachdem die Schüler allerdings nicht unbeaufsichtigt bleiben dürfen, müssten in diesem Fall nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer ihren Nachmittag „opfern“. Hier würde sich zeigen, wie ernst es Schülern und Lehrern mit dem Klimaschutz ist.
4. Sorgerecht
Nachdem der Mandantin die Rechtslage dargestellt worden ist, war schnell klar, dass ich als Rechtsanwalt ihr die Entscheidung nicht abnehmen kann. Vielmehr muss sie alleine entscheiden, ob sie ihrer Tochter die Teilnahme an der Demonstration erlaubt und damit einen Verweis riskiert. Egal wie die Mandantin sich entscheidet, Zweifel an ihrer Erziehungsgeeignetheit bestehen so oder so sicherlich nicht; und alleine darauf kommt es im Sorgerechtsverfahren an.
Matthias Amberg hat in Würzburg studiert und wurde 1999 zur Anwaltschaft zugelassen. Sein Anspruch war schon immer, über die rein juristische Perspektive hinauszublicken. Ihm geht es darum, Menschen in emotionalen Ausnahmesituationen zu begleiten und kreative Lösungen zu entwickeln, die auf die individuellen Bedürfnisse der Mandanten maßgeschneidert sind.
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