30. März 2022

„Ich will so heißen wie ihr!“ - warum sogar Goethe sich einmal geirrt hat

Mami, Papi & Ich

RA Amberg

„Sie müssen Tim helfen, Herr Amberg!“ Unsere Mandantin, die wieder geheiratet hat, brachte in ihre neue Ehe ihren 7 jährigen Sohn Tim mit, der aus einer vorhergehenden Beziehung stammte. Tim trug den Nachnamen seines leiblichen Vaters,  der jedoch seit Jahren keinerlei Kontakt zu seinem Sohn hatte und diesen Kontakt auch ablehnte. Im Unterschied dazu hatte die Mutter den Nachnamen ihres Ehemannes angenommen. Aus ihrer Ehe waren 2 weitere Kinder hervorgegangen, die natürlich auch so hießen wie ihre Eltern.  „Tim ist verzweifelt, dass er nicht denselben Nachnamen hat wie wir, nur weil sein leiblicher Vater dies nicht erlaubt. Wenn er in der Schule mit seinem Nachnamen konfrontiert wird, weint er nur noch - so kann es doch nicht weitergehen!“

 

Einbenennung

Wenn ein Elternteil, das aus einer anderen Beziehung ein minderjähriges Kind hat, wieder heiratet, kann  der Nachnamen des minderjährigen Kindes geändert werden. Das Kind  kann dann - im Rahmen einer sogenannten "Einbenennung" - den neuen Familiennamen führen. Allerdings erfordert dies die Zustimmung des anderen leiblichen Elternteils. Wird diese Zustimmung nicht erteilt, kann diese Zustimmung unter Umständen von dem Familiengericht ersetzt werden.

 

Erforderlichkeit

Nach § 1618 S. 4 BGB ist die Zustimmung zu ersetzen, wenn dies für das Kindeswohl erforderlich ist. Nach der bisherigen Rechtsprechung, insbesondere der Auffassung des BGH aus dem Jahr 2005 kam dies erst dann in Betracht, wenn die Beibehaltung des bisherigen Namens  im Endeffekt eine konkrete Kindeswohlgefährdung darstellen würde. Die Einbenennung muss daher unerlässlich sein, um Schäden vom Kind abzuwenden. Diese hohen Hürden für die Ersetzung der Zustimmung zur Einbenennung stoßen bei den Oberlandesgerichten immer mehr auf Kritik. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass sich aus dem Gesetz gerade nicht ergibt, dass eine Kindeswohlgefährdung gegeben sein muss. Nach dem Gesetz  genügt vielmehr die niedrigere Schwelle der Erforderlichkeit.  Diese Schwelle ist bereits erreicht, wenn das Kind schwer belastet ist.

 

Desinteresse des Vaters

Diese Voraussetzungen liegen in unserem Fall vor. Der leibliche Vater hat seit Jahren kein Interesse an seinem Sohn gezeigt und jeglichen Kontakt abgelehnt. Tim leidet darunter, dass er anders als „seine Familie“ heißt und möchte endlich den gleichen Nachnamen haben. Der nachvollziehbare Wunsch von Tim, auch namentlich zu seiner Familie zu gehören, muss mehr Gewicht haben als der Wille des Vaters, den es im Endeffekt gar nicht interessiert, wie es Tim geht. Dieser Auffassung hat das Familiengericht sich angeschlossen und letztendlich die Zustimmung des leiblichen Vaters ersetzt. Tim trägt nun endlich den gleichen Nachnamen wie seine Familie und ist überglücklich. Da hat Goethe, der im  Faust vortragen lässt “Name ist Schall und Rauch“, zumindest bei Tim stark daneben gelegen.

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