28. März 2020

Impfpflicht - Anfang oder Ende unserer Freiheit ?

Rechtsanwalt Matthias Amberg

Seit dem 1.3.2020 gilt bundesweit das Masernschutzgesetz. Danach müssen Eltern ihre Kinder gegen Masern impfen lassen, soll das Kind den Kindergarten besuchen. Viele fragen sich gerade in den aktuellen „Corona-Zeiten“, ob das erst der Anfang ist. Darf zukünftig nicht mehr jeder für sich entscheiden, ob und gegen welche Krankheiten er sich impfen lässt ? Wird bald der Staat uns vorschreiben, was wir zu tun haben ?

Welchen Inhalt hat das Masernschutzgesetz ?

Nach der ab dem 01.03.2020 neu geltenden Rechtslage müssen Eltern bei Neueintritt in Kita oder Schule nachweisen, dass ihr Kind gegen Masern geimpft ist. Für Kinder, die schon in einer Einrichtung oder in der Schule sind, kann der Impfnachweis bis spätestens 31. Juli 2021 nachgereicht werden. Diese Impfpflicht gilt nicht nur für Kinder ab einem Jahr, sondern auch für ab 1970 geborene Erzieher/-innen in Kitas, für Lehrer, Tagesmütter und für Beschäftigte in medizinischen und sonstigen "Gemeinschaftseinrichtungen.

Gilt diese Impfpflicht nur für Masern ?

Diese Impfpflicht erstreckt sich zwar in der Tat nur auf Masern. Allerdings stehen aktuell in Deutschland im Unterschied zu anderen Länder z.B. der Schweiz, nur sogenannte Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung. Eine Impfung nur gegen Masern ist damit nicht möglich. Es wird also bei der Masernimpfung gleichzeitig immer auch gegen andere Krankheiten geimpft. Es gibt entweder die Dreifachimpfung "Mumps-Masern-Röteln" oder die Vierfachimpfung "Mumps-Masern-Röteln-Varizellen". Was passiert, wenn man gegen die Impflicht verstößt ? Ist ein Kind nicht geimpft, darf es nicht in der Kita aufgenommen werden, anderenfalls droht der Kita-Leitung ein Bußgeld. Ist ein Kind schulpflichtig, kann es zwar wegen der allgemeinen Schulpflicht von dem Schulbesuch nicht ausgeschlossen werden, allerdings können Bußgelder bis zu 2.500 Euro gegen die Eltern verhängt werden, wenn sie der Impfpflicht für die Kinder nicht nachkommen. Die Schulen müssen solche Fälle an das örtliche Gesundheitsamt melden, das über das weitere Vorgehen entscheidet.

Darf der Staat überhaupt die Eltern zwingen, ihre Kinder zu impfen ?

Mit dieser Frage beschäftigt sich bereits das Bundesverfassungsgericht, nachdem seit dem 01.03.2020 mehrere Verfassungsbeschwerden gegen das Masernschutzgesetz eingelegt wurden. Grundsätzlich sind die Eltern und niemand anderes, verpflichtet und berechtigt für ihr minderjähriges Kind zu sorgen. Zu dieser elterlichen Sorge gehört auch die Gesundheitsfürsorge und damit die Impfentscheidung, die die Eltern in eigener Verantwortung ausüben. Insofern könnte das Gesetz unter anderem gegen Art 6 GG verstoßen, der die elterliche Sorge ausdrücklich schützt. Andererseits gibt es ja einen Grund für das Gesetz, nämlich das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das durch die Impfpflicht gerade gewährleistet werden soll. Das Verfassungsgericht hat damit – wie immer – mehrere Grundrechte gegeneinander abzuwägen.

Müssen wir mit weiteren Impfpflichten rechnen ?

Im Hinblick auf die aktuelle „Corona-Krise“ und den damit für uns alle spürbaren Auswirkungen bin ich mir ziemlich sicher, dass weitere Impfpflichten normiert werden. Ich selbst halte es als Vater zweier Kinder auch absolut für richtig, dass wir die Möglichkeit der Impfungen nutzen, um unsere Kinder, aber auch uns selbst, vor schweren Krankheiten zu schützen. Dennoch müssen wir aufpassen, dass das Erziehungsprivileg der Eltern und unser Selbstbestimmungsrecht nicht von dem Gesetzgeber und damit von der Politik ausgehölt wird.