04. Juli 2016

Kuckuckskinder - Vater sein ist mehr als der Zeugungsakt

Mami, Papi & Ich - Ausgabe Juli 2016

Artikel RA Matthias Amberg

Kuckuckskinder – Vater sein ist mehr als der Zeugungsakt

„Ich weiß gar nicht mehr, wie es weiter gehen soll“  Vor mir saß – völlig verzweifelt – mein Mandant, der sich gerade von seiner Ehefrau getrennt hatte. Im Zuge der heftigen Auseinandersetzung hatte ihm seine Ehefrau eröffnet, dass er nicht der Vater der 7 jährigen Lisa sein soll. Ist Lisa ein „Kuckuckskind“?

Biologische Vaterschaft

Um die Vaterschaft klären zu lassen, besteht entweder die Möglichkeit, isoliert nur ein DNA- Gutachten einholen zu lassen oder ein gerichtliches Vaterschaftsanfechtungsverfahren durchzuführen. Sollte die Mutter die erforderliche Einwilligung für das isolierte Gutachten verweigern – heimliche DNA-Tests sind unzulässig - kann das Gericht die Einwilligung ersetzen. Wird nur isoliert ein Gutachten eingeholt, hat das Ergebnis keine rechtlichen Konsequenzen. Wird jedoch ein gerichtliches Vaterschaftsanfechtungsverfahren  durchgeführt und bestätigt sich der Verdacht, dass man nicht der biologische Vater ist, enden alle Rechte und Pflichten des juristischen Vaters mit sofortiger Wirkung. Das gerichtliche Vaterschaftsanfechtungsverfahren kann allerdings nur innerhalb einer Frist von 2 Jahren ab Kenntnis der Umstände, die gegen eine Vaterschaft sprechen, geltend gemacht werden.

Schadensersatz

Hat sich bestätigt, dass ein Kind „untergeschoben“ worden ist, stellt sich die Frage, ob man Schadensersatz gegenüber dem biologischen Vater des Kindes geltend machen kann. Der Anspruch selbst ist unstreitig, allerdings muss man natürlich wissen, wer der Erzeuger ist; und hier fangen die Probleme an. Die Kindesmutter muss nämlich nicht den Namen des Erzeugers preisgeben, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. Hintergrund dafür ist, dass es keine gesetzliche Auskunftspflicht für die Frage, mit wem man intim ist oder war, gibt.  Dieser Schutz basiert auf dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) und wiegt höher als der Regressanspruch des Scheinvaters.

Allerdings besteht die Chance, dass man an seine untreue Ehefrau keinen Ehegattenunterhalt mehr zahlen muss, da die Ehefrau wegen ihrem Verhalten den Unterhaltsanspruch verwirkt hat.

Soziale Vaterschaft

Von der biologischen Vaterschaft ist allerdings die soziale Vaterschaft zu unterscheiden. Kein Abstammungsgutachten kann dem Vater die Erlebnisse mit seinem Kind wegnehmen: wenn er die Hand des Kindes gehalten hat, falls es krank war; wenn er auf dem Fußballplatz stand, um die Tore seines Juniors zu bejubeln; wenn er das Kind getröstet hat, nachdem es hingefallen war usw. Selbst wenn aufgrund eines gerichtlichen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens sämtliche Rechte und Pflichten enden, hat deswegen der Scheinvater nach wie vor Anspruch auf Umgang. Hier gilt es die gewachsene Bindung zum Kind zu erhalten und zu fördern.

 Denn eines ist klar: Vater sein ist mehr als der Zeugungsakt.

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