22. August 2023

Scheidung im „Herbst des Lebens“

Artikel Pablo 3/2023

Die Zahl der Scheidungen nach mehr als 25 Jahren Ehe steigt kontinuierlich an. Warum das so ist und welche Fehler es unbedingt zu vermeiden gilt, diskutieren wir mit Rechtsanwalt Matthias Amberg, Fachanwalt für Familien- und Erbrecht aus Aschaffenburg.

 

Ist Scheidung nicht nur etwas für jüngere Eheleute?

Sicherlich nicht, vielmehr hat jeder – egal wie alt er ist – das Recht, glücklich zu sein. Kann man dies mit seinem Ehepartner nicht mehr, hat man natürlich das Recht auf eine Trennung und Scheidung auch im höheren Alter.

 

Wie oft kommt es nach langer Ehe zu einer Scheidung?

Nach wie vor wird etwa jede dritte Ehe geschieden – und immer häufiger auch sogenannte Altehen – also jenseits der Silberhochzeit. Aktuell werden fast doppelt so viele lang andauernde Ehen geschieden wie noch vor 20 Jahren. Damit machen diese Scheidungen im goldenen Herbst des Lebens inzwischen gut 15 Prozent aller Ehescheidungen aus – mit steigender Tendenz.

 

Warum ist das so?

Zum einen steigt die Lebenserwartung von uns allen. Aus diesem Grund stellt man sich auch mit über 60  durchaus die Frage, ob man die nächsten 20 bis 25 Jahre wirklich so weiter leben will. Zum anderen ist die Scheidung nicht mehr gesellschaftlich geächtet. Es ist mittlerweile anerkannt, dass man sich auseinanderleben kann und eine Scheidung – auch wenn sie natürlich nicht dem persönlichen Lebensplan entspricht - nichts mit Versagen oder gar Schuld zu tun hat.

 

Was gilt es zu beachten?

Bei langen Ehen besteht durchaus die Gefahr eines Rosenkrieges. Zwar wird nicht mehr über die Kinder gestritten, da diese meistens schon selbständig und ausgezogen sind. Allerdings haben die Ehegatten viel Wut aufgestaut und wollen nun „Rache“ für all die Verletzungen in der Ehe nehmen. An dieser Stelle ist es wichtig, dass der Scheidungsanwalt seiner Verantwortung gerecht wird und die Emotionen auf eine sachliche Ebene bringt. Nur so kann er nämlich seinem Mandanten/seiner Mandantin auch wirklich helfen und genau das ist die Aufgabe des Anwaltes.

 

Besteht nicht das Risiko der Verarmung?

Besonders bei langen Ehen ist es wichtig, die Ansprüche seiner Mandanten sorgfältig zu prüfen. Der Gesetzgeber hat hier für den sozial schwächeren Ehegatten zahlreiche Ansprüche wie den nachehelichen Ehegattenunterhalt, den Zugewinnausgleich und den Versorgungsausgleich vorgesehen. Gerade diese gesetzlichen Ansprüche sorgen in den meisten Fällen dafür, dass keine Altersarmut droht. Im Gegenteil erleben es meine Mandant/innen immer wieder, dass es ihnen nach einer Trennung und Scheidung nicht nur emotional, sondern auch finanziell besser geht als in der Ehe. 

Auch wenn gerade nach einer langen Ehe die Trennung einen tiefen Einschnitt in dem Leben darstellt, ist die Scheidung oft eine echte Chance, wieder ein glückliches und selbstbestimmtes Leben zu führen – und zwar für beide Ehegatten!  

 

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