Artikel RA Amberg
Mami, Papi & Ich
„Wir sind doch auch eine Familie! - die Stiefkindadoption -
„Heute kann ich Ihnen helfen!“ begrüßte ich meine Mandantin, die schon vor einem Jahr einen Termin bei mir hatte. Sie lebte mit ihrem Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und hatte mit ihm mittlerweile auch eine gemeinsame Tochter. Aus ihrer vorherigen Beziehung stammte der 7-jährige Tom, dessen Vater bereits verstorben war. „Ich bekomme von meinem verstorbenen Ehemann eine Witwenrente; die Rente würde ich verlieren, wenn ich meinen Partner heirate. Aber er will Tom adoptieren, Tom ist für ihn wie sein eigener Sohn!“ erzählte mir die Mandantin schon bei unserem ersten Termin. „Auch wenn wir nicht heiraten, wollen wir endlich gemeinsam die Eltern für Tom sein!“
Bisherige Rechtslage
Bisher war eine Stiefkindadoption in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Endeffekt unmöglich. Zwar konnte der nichteheliche Partner sein Stiefkind adoptieren; in diesem Fall wurde jedoch die rechtliche Beziehung zu den leiblichen Eltern beendet. In unserem Fall wäre also das rechtliche Band von Tom zu seiner Mutter zerschnitten worden. Dies hätte nicht nur dem Kindeswohl widersprochen, sondern wäre völlig absurd gewesen. Aus diesem Grund waren in der Vergangenheit Stiefkindadoptionen in nichtehelichen Lebensgemeinschaften – anders als in ehelichen Beziehungen – faktisch nicht möglich. Diese rechtliche Situation musste ich der Mandantin bei ihrem ersten Termin erklären, was nachvollziehbar zu Tränen und großer Enttäuschung geführt hat.
Bundesverfassungsgericht
Diese absurde Situation für „Patchwork-Familien“ hat auch das Bundesverfassungsgericht erkannt und die Benachteiligung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften in seiner Entscheidung vom 26.03.2019 für verfassungswidrig erklärt. Gleichzeitig hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31.03.2020 eine – verfassungsgemäße – Neuregelung der Stiefkindadoption zu schaffen.
Neuregelung
Der Gesetzgeber hat nun die Stiefkindadoption so geregelt, dass auch in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Stiefkind adoptiert werden kann. Voraussetzung ist, dass eine verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt und die Adoption – natürlich wie immer - im Kindeswohlinteresse liegt. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft wird angenommen, wenn entweder die Partner seit mindestens 4 Jahren zusammenleben oder wenn sie Eltern eines gemeinsamen Kindes sind, mit dem sie zusammenleben. Das Kindeswohl ist nur dann gegeben, wenn durch die Adoption eine bessere Persönlichkeitsentwicklung des Kindes zu erwarten ist. Das Gesetz ist rechtzeitig zum 31.03.2020 in Kraft getreten.
Tom
„Dann erfüllen wir ja endlich alle Voraussetzungen!“ jubelte meine Mandantin. „Ich lebe mit meinem Partner bereits seit 6 Jahren zusammen und eine gemeinsame Tochter haben wir auch. Für Tom ist mein Partner sowieso sein „Vater“, da mein Ehemann verstorben ist, als Tom ein Monat alt war. Wenn Tom das erfährt, werden Tränen fließen - diesmal aber aus Freude!“
Manchmal macht es richtig Spaß, das Gesetz anzuwenden, dachte ich mir und konnte zufrieden die Akte schließen; wenn dies bloß immer so bei einer gesetzlichen Neuregelung wäre!
Matthias Amberg hat in Würzburg studiert und wurde 1999 zur Anwaltschaft zugelassen. Sein Anspruch war schon immer, über die rein juristische Perspektive hinauszublicken. Ihm geht es darum, Menschen in emotionalen Ausnahmesituationen zu begleiten und kreative Lösungen zu entwickeln, die auf die individuellen Bedürfnisse der Mandanten maßgeschneidert sind.
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