Artikel RA Amberg
Mami, Papi & Ich
Neulich saß ich mit meiner Familie in einem schicken Restaurant, als plötzlich am Nachbartisch ein älteres Ehepaar voller Missmut auf eine junge Mutter blickte, die gerade anfing ihr Kind zu stillen. „Das ist ja Erregung öffentlichen Ärgernisses!“ murmelte der Mann und legte sein Besteck auf den Teller; ihm war anscheinend der Appetit vergangen. „Stimmt das etwa?“, fragte mich meine Tochter, die entgeistert die Szene beobachtet hatte.
1. 1. Erregung öffentlichen Ärgernisses
Tatsächlich gibt es eine Vorschrift, die die Erregung öffentlichen Ärgernisses unter Strafe stellt. Nach § 183a StGB wird mit Freiheitstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt. Da das Stillen offensichtlich keine sexuelle Handlung darstellt und es erst Recht nicht die Absicht der Mutter ist, mit ihrem Verhalten Aufsehen zu erregen, wird mit dem Stillen in der Öffentlichkeit natürlich kein Straftatbestand erfüllt. Vielmehr ist grundsätzlich das Stillen in der Öffentlichkeit erlaubt.
2. 2. Hausrecht
Allerdings existiert in Deutschland keine Gesetzesgrundlage für das Stillen in der Öffentlichkeit. Dies führt dazu, dass zum Beispiel Restaurantbesitzer jederzeit von ihrem Hausrecht Gebrauch machen können und das Stillen in ihrem Restaurant verbieten können. Das Hausrecht verstößt in diesem Fall auch nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieses schützt vor der Diskriminierung aufgrund von Rasse, wegen der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts. Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetzt schützt Mütter allerdings nur vor Diskriminierungen rund um Einstellung und ihre Beschäftigung. Ein Stillverbot in einem Restaurant könnte aber gegen die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie (2004/113/EG) verstoßen. Private Personen untereinander kann die unzureichende Umsetzung der Richtlinie jedoch nicht verpflichten. Eine deswegen im Jahre 2016 gestartete Petition, mit dem Ziel, eine Gesetzesgrundlage zu schaffen, wurde vom zuständigen Bundesministerium als nicht zielführend erachtet und ist mittlerweile im Sande verlaufen. Dies ist umso erstaunlicher als in anderen Ländern, insbesondere den angelsächsischen Ländern, selbstverständlich gesetzliche Regelungen zum Stillen in der Öffentlichkeit existieren. Danach hat eine Mutter das Recht, ihr Kind zu jeder Zeit und an jedem privaten und öffentlichen Ort zu stillen.
3. 3. Mütter sollten entscheiden
Nachdem ich meiner Tochter die Rechtslage erklärt hatte, vertrat meine Tochter die Auffassung, dass in einer toleranten und aufgeklärten Gesellschaft am besten allein die Mütter entscheiden sollten, ob sie in der Öffentlichkeit stillen oder nicht. „Und wenn dann jemand mit seinem Hausrecht kommt, dann hat er mich sowieso zum letzten Mal gesehen. Wenn ich mal Mutter bin, werde ich auf jeden Fall in der Öffentlichkeit stillen!“ Daraufhin legte mein Sohn, der mit seinen 14 Jahren bisher peinlich berührt der Diskussion gefolgt war, sein Besteck auf den Teller und meinte nur: “Jetzt wird mir aber schlecht; nur gut, dass ich schon aufgegessen habe!“ Da sieht man mal wieder, dass eine Familie oft ein Spiegelbild der Gesellschaft ist; vor allem wenn die Kinder mitten in der Pubertät stecken.
Matthias Amberg hat in Würzburg studiert und wurde 1999 zur Anwaltschaft zugelassen. Sein Anspruch war schon immer, über die rein juristische Perspektive hinauszublicken. Ihm geht es darum, Menschen in emotionalen Ausnahmesituationen zu begleiten und kreative Lösungen zu entwickeln, die auf die individuellen Bedürfnisse der Mandanten maßgeschneidert sind.
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