11. August 2022

Testamente - die beste Art der Streitvermeidung -

Artikel Pablo 3/2022

Rechtsanwälte sind nicht nur dann zur Stelle, wenn gestritten werden muss. Gerade bei der individuellen Gestaltung von Testamenten zahlt sich die Erfahrung von Anwälten aus, die vor Gericht regelmäßig erleben, wo die Schwachstellen eines Testamentes liegen. Welche Fehler es unbedingt zu vermeiden gilt, erzählt uns Rechtsanwalt Matthias Amberg, Fachanwalt für Familien- und Erbrecht.

 

1. Welche Arten von Testamenten gibt es?

 

Es gibt das notarielle und das privatschriftliche Testament. Während das notarielle Testament von einem Notar beurkundet wird, ist das privatschriftliche Testament eigenhändig zu schreiben und zu unterschreiben.

 

2. Ist ein Testament, das von einem Notar beurkundet wurde, wirksamer als das Testament, das man selbst schreibt?

 

Nein, das privatschriftliche Testament ist genauso wirksam wie das notarielle Testament. Bei einem notariellen Testament erhält man zwar eine juristische Beratung, allerdings hat der Notar in der Regel nicht die Zeit, sich wochenlang mit der individuellen Gestaltung des Testamentes zu beschäftigen. Will man jedoch kein Testament „von der Stange“, bietet es sich gerade bei komplizierteren Fällen an, zusammen mit einem Fachanwalt/Fachanwältin für Erbrecht ein individuelles und maßgeschneidertes Testament zu gestalten.  

 

3. Kann ich bei dem  privatschriftlichen Testament auf Anlagen verweisen, die ich am Computer geschrieben habe?

 

Davor kann ich nur warnen. Das privatschriftliche Testament muss vollständig eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Verstößt man gegen diese Formvorschrift, ist das ganze Testament unwirksam und nichtig. Diese Formvorschrift gilt auch für Anlagen, wie zuletzt der Bundesgerichtshof noch einmal bestätigt hat.

 

4. Gibt es bei Ehegatten Erleichterungen?

 

Ehegatten können ein sogenanntes gemeinschaftliches Testament errichten. Bei diesem Testament muss lediglich ein Ehegatte das Testament eigenhändig abschreiben und unterschreiben, während es ausreichend ist, dass der andere Ehegatte das Testament mit dem Zusatz „Dies ist auch mein letzter Wille“ versieht und es anschließend ebenfalls unterschreibt.

 

5. Warum ist es sinnvoll, das Testament mit einem Datum zu versehen?

                             

Es gilt immer das zuletzt errichtete Testament. Um festzustellen, welches Testament das zuletzt errichtete Testament ist, soll daher das Testament  immer mit einem Datum versehen werden.

 

6. Sollte man die potentiellen Erben von dem Inhalt des Testamentes informieren?

 

Wir halten in meiner auf Erb- und Familienrecht spezialisierten Kanzlei viel von Transparenz. Aus diesem Grund bieten wir nach der Gestaltung des maßgeschneiderten Testamentes immer auch eine Abschlussbesprechung mit den potentiellen Erben, aber auch mit den Angehörigen, die nichts bekommen sollen, an. Nach dieser Besprechung kann nämlich keiner mehr sagen, dass der Erblasser „so ein Testament“ nicht gewollt habe. Damit wird den Angehörigen die „moralische Rechtfertigung“, ein Testament anzufechten, genommen. Den Angehörigen geht es im Erbrecht selten wirklich um finanzielle Interessen, vielmehr geht es gerade im Erbrecht sehr häufig um Verletzungen und Emotionen. Diese Emotionen aufzugreifen, ist die beste Möglichkeit, zukünftigen Streit im Keim zu ersticken. Auch aus diesem Grund ist ein individuell maßgeschneidertes Testament die beste Möglichkeit der Streitvermeidung.

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