27. Mai 2020

Unterhalt in Coronazeiten - gewonnen und trotzdem verloren?

Artikel RA Amberg

Mami, Papi & Ich

„Die ganze Mühe kann doch nicht umsonst gewesen sein?“ empörte sich meine Mandantin, die ich in einem mehrjährigen unterhaltsrechtlichen Verfahren erfolgreich vertreten hatte. Ihr geschiedener Ehemann war durch das Gericht erst vor kurzem endgültig verurteilt worden, einen monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.500,00 € zu zahlen. Nun ließ der Mann mitteilen, dass sich wegen der Corona-Pandemie sein Einkommen massiv verschlechtert hat und er zukünftig nicht mehr den vom Gericht festgesetzten Unterhalt zahlen wird. „Ich konnte schon keinen Zugewinnausgleich geltend machen, weil ich damals bei der Eheschließung so blöd war, einen Ehevertrag zu unterschreiben. Es kann doch nicht sein, dass er sein ganzes Vermögen behält und jetzt zusätzlich auch keinen Unterhalt mehr zahlt!“

 

Künftige Einkommensentwicklung

Im Rahmen der Berechnung des zukünftigen Unterhaltes muss immer eine Prognose der zukünftigen Einkommensverhältnisse angestellt werden. In normalen wirtschaftlichen Zeiten geschieht dies dadurch, dass bei Angestellten die letzten 12 Gehaltsbescheinigungen, bei Selbständigen die letzten drei Jahresabschlüsse zugrunde gelegt werden. Unterhaltsrechtlich geht man davon aus, dass das Einkommen, das in der Vergangenheit erzielt wurde, auch zukünftig erzielt werden kann. Zeitlich überschaubare und unwesentliche Veränderungen der Einkünfte spielen bei dieser Prognose keine Rolle.  Eine Abänderung von Unterhaltstiteln ist vielmehr nur dann möglich, wenn zukünftige Einkommensveränderungen wesentlich sind. Ob dies bei den durch die Corona-Pandemie unstreitig eintretenden Einkommensveränderungen der Fall ist, hängt entscheidend von der weiteren Entwicklung ab. Diese kann jedoch seriös keiner vorhersagen, weswegen grundsätzlich die aktuellen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie dazu führen, dass viele Unterhaltsansprüche neu angepasst werden müssen.

 

Vermögen

Der Unterhalt wird grundsätzlich aus dem Einkommen und nicht aus dem Vermögen berechnet. Allerdings kann von dem Unterhaltspflichtigen verlangt werden, auch sein Vermögen bei einem Einkommensrückgang einzusetzen, wenn dies der Billigkeit entspricht und dies zumutbar ist. Es kommt also auf die Höhe des Vermögens und die Verwertbarkeit an. Kann Vermögen nur unter Verlust zu Geld gemacht werden – wie beispielsweise aktuell Verkauf von Aktien, die aufgrund der Corona-Pandemie massive Kursverluste hinnehmen mussten – ist dies nicht zumutbar. Auch der Verkauf der selbstgenutzten Immobilie kann nicht verlangt werden, da dies unbillig wäre. Liegt jedoch ein erheblicher Geldbetrag auf einem Tageszinskonto, das ohnehin keine Zinsen abwirft, kann verlangt werden, dass dieses Vermögen unterhaltsrechtlich eingesetzt wird, um damit Einkommenseinbußen auszugleichen.

 

Ehemann ist vermögend

In unserem Fall konnte der Ehemann nachweisen, dass sein Einkommen tatsächlich aufgrund der Corona-Pandemie erheblich gesunken war. Wann eine wirtschaftliche Erholung einritt, ist nicht absehbar, weswegen eigentlich eine Neuberechnung des Unterhaltes erforderlich wäre. Allerdings war bekannt, dass der Ehemann über erhebliches Barvermögen verfügt. Dieses muss er unterhaltsrechtlich einsetzen, weswegen es bei dem „alten“ Unterhaltsbetrag verblieben ist.

 

„Da lohnt es sich doch, dass ich aufgrund des Ehevertrages auf meinen Zugewinnausgleich verzichtet habe“ schmunzelte meine Mandantin.  „Manchmal ist das Familienrecht tatsächlich gerecht“. Dem konnte ich nur zustimmen. 

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