30. April 2019

Unterhalt trotz neuer Beziehung ? - Die Verwirkung von Ehegattenunterhalt -

Artikel Pablo 2.2019

Der Ehegattenunterhalt ist Ausdruck der ehelichen – auch der nachehelichen – Solidarität. Der wirtschaftlich schwächere Ehegatte hat Anspruch auf finanzielle Unterstützung, Wie schaut es allerdings aus, wenn der unterhaltsbedürftige Ehegatte sich vor oder nach der Trennung einem neuen Partner zuwendet oder der neue Partner sogar Grund für die Trennung war? Zu diesem spannenden Thema haben wir uns mit Rechtsanwalt Matthias Amberg, Fachanwalt für Familien- und Erbrecht getroffen, der uns die wichtigsten Fragen beantwortet.

 

1. Wer hat Anspruch auf Ehegattenunterhalt?

Nach der sog. Additionsmethode wird der Ehegattenunterhalt berechnet, indem das bereinigte Einkommen beider Ehegatten zusammengerechnet und dann durch zwei geteilt wird. Von dem so errechneten Unterhaltsbedarf wird das Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten abgezogen, um die Höhe des Unterhaltes zu ermitteln. Konsequenz dieser Berechnungsmethode ist, dass immer der Ehegatte, der weniger Einkommen hat, unterhaltsberechtigt ist.

 

2. Kann man diesen Unterhaltsanspruch auch verlieren?

Wenn die Leistung des Unterhaltes für den Unterhaltsverpflichteten grob unbillig ist, kann er verloren gehen; wir Juristen sprechen dann von einer Verwirkung des Unterhaltes. Die Verwirkungstatbestände sind in § 1579 BGB gesetzlich geregelt. § 1579 BGB stellt ein Überbleibsel des bis 1977 im Eherecht geltenden Verschuldensprinzips dar. Damit sollen im Hinblick auf das jetzt geltende verschuldensunabhängige Zerüttungsprinzip unbillige Ergebnisse verhindert werden. Die bekanntesten Verwirkungsgründe sind die der eheähnlichen Lebensgemeinschaft und des „Ausbruchs aus einer intakten Ehe“. Betont werden muss allerdings, dass die genannten Verwirkungstatbestände nicht zu einer Kontrolle des Ex-Partners führen darf, was immer wieder vergessen wird.

 

3. Führt ein Seitensprung zum Unterhaltsverlust?

Das ist eine spannende Frage, über die wir Anwälte oft streiten. Nach der Rechtsprechung kann ein Unterhaltsanspruch bei Verstößen gegen die eheliche Treuepflicht verloren gehen, wenn es dadurch zum Scheitern der Ehe kam. Befand sich die Ehe jedoch bereits vor dem Seitensprung in einer Krise, führt die Zuwendung zu einem neuen Partner  für sich allein noch nicht zum Verlust des Unterhaltsanspruchs. Der häufig erhobene Vorwurf, der Ehepartner sei aus einer »intakten Ehe ausgebrochen«, kann schon nicht passen. Denn der Ausbruch selbst zeigt ja, dass die Ehe nicht »intakt« gewesen sein kann. Meistens haben beide Ehegatten Verantwortung für die Ehekrise, die letztendlich zur Trennung führt. Die Verwirkung des Unterhaltes erfordert jedoch ein schwerwiegendes einseitiges Fehlverhalten; dies liegt bei einem Seitensprung in der Regel nicht vor.

 

4. Wie schaut es mit einer längeren Beziehung aus?

Würde die Unterhaltsberechtigte wieder heiraten, verliert sie per Gesetz ihren Unterhaltsanspruch. Aus diesem Grund könnte Mann/Frau auf die Idee kommen, zwar mit einem neuen Partner wie in einer Ehe zusammenzuleben, jedoch nicht zu heiraten, um den Unterhaltsanspruch nicht zu verlieren. Im Unterschied dazu, verliert man jedoch sehr wohl den Unterhaltsanspruch, wenn man eine eheähnliche verfestige Beziehung unterhält. Diese Beziehung ist allerdings von einer „Beziehung auf Distanz“ zu unterscheiden, die nicht zum Verlust des Unterhaltsanspruches führt. Diese Unterscheidung ist oft Gegenstand gerichtlicher Verfahren.

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