27. September 2019

„Warum haben wir ihr nur das Handy geschenkt?“ - Die Schwiegermutter und die WhatsApp-Gruppe -

Artikel RA Amberg

Mami, Papi & Ich

„Sie müssen uns helfen, Herr Amberg!“  Vor mir saß – sichtlich erzürnt – ein junges Ehepaar. Sie erzählten mir, dass sie vor einigen Monaten eine Ehekrise durchlitten hatten. Hintergrund dafür war, dass der Ehemann fremdgegangen war. „Obwohl meine Frau mir verziehen hat, kann dies offensichtlich  meine Schwiegermutter nicht und unterstellt mir sogar, dass ich meine Ehefrau und unsere Kinder misshandele, wie sie in einer WhatsApp-Nachricht an meine Schwägerin geschrieben hat. Jetzt langt es mir!

 

1. WhatsApp - kein rechtsfreier Raum

 

Selbstverständlich ist das Internet kein rechtsfreier Raum. Das Strafgesetzbuch (StGB) kommt hier genauso zur Anwendung wie im „richtigen Leben“. Juristisch unterscheidet sich eine Beleidigung in einem Internet-Forum, auf Facebook oder WhatsApp nicht von einer Beleidigung, die von Angesicht zu Angesicht ausgesprochen wird. Bei einer Beleidigung handelt es sich um eine ehrverletzende Äußerung, mit der das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt wird. Wer beleidigt wird, muss dies natürlich grundsätzlich nicht auf sich sitzen lassen

 

2. Anspruch auf Unterlassung

 

Die Behauptung, unser Mandant würde seine Familie misshandeln, kann sicherlich als beleidigend bezeichnet werden. Wer einen anderen durch eine ehrver­let­zende Äußerung beleidigt, kann dazu verpflichtet werden, eine straf­be­wehrte, also mit Strafe bedrohte Unter­las­sungserklärung abzugeben. Ein entschei­dendes Kriterium dabei ist, ob die Gefahr besteht, dass der Betref­fende seine Äußerung wiederholt. Bei Wiederholungsgefahr besteht ein Anspruch auf Unterlassung, der vor dem Zivilgericht geltend zu machen ist.

 

3. Enger Familienkreis

 

Allerdings kommt es immer darauf an, in welchem Umfeld ehrverletzende Äußerungen getätigt werden. So gibt es nach der Rechtsprechung einen sogenannten „ehrschutzfreien Raum“, in dem es möglich ist, sich frei auszusprechen, ohne gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Nach Art. 1 Abs.1, 2 GG gibt es einen Bereich vertraulicher Kommunikation  innerhalb besonders ausgestalteter Vertrauensbeziehungen, wozu insbesondere der engste Familienkreis gehört. Innerhalb der Familie muss es also möglich sein, sich über einen Dritten freimütig auszusprechen, seine Meinung über ihn kundzutun, ohne Angst haben zu müssen, wegen dieser privaten Aussagen rechtlichen Konsequenzen ausgesetzt zu sein. In diesem privaten Rahmen geht der Schutz der privaten Vertrauensbeziehungen dem Ehrenschutz vor.

 

4. Hätten wir ihr bloß kein Handy geschenkt!

 

Nachdem dem Mandanten diese Rechtslage erklärt worden war, wurde schnell festgestellt, dass die Schwiegermutter die Äußerung im engsten Familienkreis getätigt hat, weswegen sie nach der Rechtsprechung nicht rechtswidrig war. Unstreitig war, dass die Schwiegermutter ihre Äußerungen auch „nur“ gegenüber ihrer Tochter getätigt hat und auszuschließen ist, dass sie ihre Behauptungen gegenüber Außenstehenden wiederholt. „Und Du hast ihr auch noch das Handy geschenkt, mit dem sie nun die WhatsApp-Nachrichten verschickt“ sagte die Ehefrau zu meinem Mandanten. „Wie konnte ich nur!“ stöhnte unser Mandant auf. „Aber beim nächsten Update helfe ich ihr nicht mehr! Dann kann Sie WhatsApp bald nicht mehr nutzen!“

Manchmal lösen sich juristische Problem tatsächlich ganz von selbst.  

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