12. Mai 2017

Wechselmodell - heute hier, morgen dort?

Artikel RA Amberg

Pablo 02/2017

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 01.02.2017 kann eine Umgangsregelung, die zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Elternteile führt (Wechselmodell), auch gegen den Willen des anderen Elternteils gerichtlich angeordnet werden. Über die Vor- und Nachteile des Wechselmodells haben wir mit Rechtsanwalt Matthias Amberg, Fachanwalt für Familien- und Erbrecht gesprochen.

Warum leiden Kinder so oft unter der Trennung ihrer Eltern?

Es ist schwer für ein Kind zu verstehen, dass Mama und Papa zukünftig getrennte Wege gehen und ein Elternteil plötzlich auszieht. In so einer Situation können sich bei Kindern erhebliche Verlustängste und starke Loyalitätskonflikte entwickeln, die sich noch verstärken, wenn die Eltern ihre Partnerkonflikte auf die Elternebene verlagern.

Ist dann das Wechselmodell nicht die beste Lösung?

Das paritätische Wechselmodell kann eine gute Lösung sein, aber nur dann, wenn alle Beteiligten - also Kinder, Vater und Mutter – dahinter stehen. Zutreffend hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass das Wechselmodell an alle höhere Anforderungen stellt. Das Kind pendelt im wöchentlichen Rhythmus zwischen dem Haushalt des Vaters und der Mutter und muss sich auf zwei  Lebensmittelpunkte einstellen. Dies kann nur funktionieren, wenn das Kind bereits vor der Trennung von beiden Elternteilen gleichartig intensiv betreut worden ist und die Eltern auch nach der Trennung in der Lage sind, den erhöhten Abstimmungs- und Kooperationsbedarf zu gewährleisten. Diesen hohen Anforderungen genügen in der Realität allerdings nur die wenigsten Eltern.

Bleibt dann das Wechselmodell eher eine Ausnahme?

Davon muss ausgegangen werden. Der Bundesgerichtshof hat zwar festgestellt, dass das Wechselmodell auch gegen den Willen des anderen Elternteils gerichtlich angeordnet werden kann, aber nur wenn es im Interesse des Kindes ist. Gleichzeitig wurde jedoch darauf hingewiesen, dass das Wechselmodell nicht möglich ist, wenn das Verhältnis der Eltern erheblich von Streit geprägt ist oder das Kind das Wechselmodell ablehnt. Das Kind ist eben keine Sache, die man eine Woche dort, die andere Woche da abstellen kann; vor allem kann man es nicht auf dem Rücken des Kindes erzwingen, dass die Eltern sich nicht mehr streiten. Diese Ansicht hat mehr mit Wunschdenken zu tun und würde dem Kind in den Trennungskonflikten mehr schaden als helfen.

Muss trotz des Wechselmodells denn Kindesunterhalt gezahlt werden?

Die Vorstellung, dass beim Wechselmodell keiner mehr Kindesunterhalt zahlen muss, ist zwar weit verbreitet, aber nicht zutreffend. Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom 17.01.2017 klargestellt, dass sich der Unterhaltsbedarf des Kindes nach dem Einkommen beider Elternteile richtet; der Elternteil, der mehr verdient, muss dann auch anteilig mehr zahlen. 

Auch hier zählt, dass die Interessen der Kinder immer zuerst kommen; und das ist auch gut so!

Vielen Dank für das Gespräch.

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