Artikel RA Amberg
Mami, Papi & Ich
„Herr Amberg, wir wissen nicht mehr weiter!“ Vor mir saßen die Geschwister Maier und erzählten, dass ihre 92 jährige Mutter nun seit mehr als 6 Jahren durch eine sog. PEG-Sonde künstlich ernährt wird und seit Jahren unter fortgeschrittener Demenz leidet. Eine Patientenverfügung hat die Mutter nicht. In den letzten Jahren musste die Mutter, die in einem Pflegeheim lebt, immer wieder aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes stationär in ein Krankenhaus aufgenommen werden. „Warum darf unsere Mutter nicht einfach in Würde sterben? Das ist doch kein Leben mehr!“
1. Jedes Leben ist erhaltungswürdig
Der Bundesgerichtshof hat sich in einer aktuellen Entscheidung vom 02.04.2019 mit der elementaren Frage beschäftigt, ob eine künstliche Lebensverlängerung, die zu einer bloßen Verlängerung des krankheitsbedingten Leidens des Patienten ohne Aussicht auf Heilung führt, gerechtfertigt ist. Der BGH hat in seiner Entscheidung unmissverständlich klar gemacht, dass das menschliche Leben ein höchstrangiges Rechtsgut und damit absolut erhaltungswürdig ist. Das Urteil über seinen Wert steht keinem Dritten zu (vgl. BGH, Urteil vom 02.04.2019, VI ZR 13/18). Konsequenz daraus ist, dass grundsätzlich jedes Leben - notfalls auch künstlich - am Leben zu erhalten ist.
2. Patientenwille ist entscheidend
Die zunehmende Abhängigkeit des Sterbeprozesses von den medizinischen Möglichkeiten lässt den Tod längst nicht mehr nur als schicksalhaftes Ereignis erscheinen, sondern als Ergebnis einer von Menschen getroffenen Entscheidung (BT-Drucksache 16/8442, S. 7). Der Mensch ist nicht Objekt, sondern Subjekt ärztlicher Behandlungen und hat daher das Recht, selbstbestimmt zu entscheiden, ob er ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt oder nicht. Was der Patient will, ist jedoch nicht einfach herauszufinden, zum Beispiel wenn der Patient geschäftsunfähig geworden ist. Hier kann eine Patientenverfügung Abhilfe schaffen.
3. Was ist eine Patientenverfügung
Bei einer Patientenverfügung handelt es sich zivilrechtlich um eine vorsorgliche Willenserklärung, mit der ich Anweisungen gebe, welche Behandlungsmaßnahmen durchgeführt oder nicht durchgeführt werden, wenn ich mich im weitesten Sinne im Sterbeprozess befinde und mein Körper nur noch künstlich am Leben erhalten werden kann. Seit 2009 muss die Patientenverfügung eigenhändig unterschrieben sein, vgl. § 1901 a BGB. Eine notarielle Beurkundung ist dagegen nicht erforderlich.
4. Eigenverantwortung zählt
Die aktuelle Rechtsprechung macht noch einmal deutlich, wie wichtig eine Patientenverfügung ist. Wenn man für sich selbst ein unter Umständen jahreslanges Siechtum verhindern will und es seiner ethischen Grundeinstellung entspricht, nicht künstlich am Leben erhalten zu werden, führt der Weg an einer Patientenverfügung nicht mehr vorbei. Nach wie vor sind unzählige Formulare für eine Patientenverfügung im Umlauf. Vor der gedankenlosen Verwendung dieser Formulare kann jedoch nur gewarnt werden. Die Patientenverfügung ist eine individuelle Verfügung, die auf die persönliche Lebenssituation abzustellen ist und nicht formularhaft verwendet werden kann und deswegen auch eine entsprechende juristische Beratung erfordert. Die Rechtsprechung hat aufgezeigt, dass jeder für sich entscheiden kann, wie man sterben will. Einem Dritten darf ich diese Entscheidung nicht aufbürden; und das ist auch gut so!
Matthias Amberg hat in Würzburg studiert und wurde 1999 zur Anwaltschaft zugelassen. Sein Anspruch war schon immer, über die rein juristische Perspektive hinauszublicken. Ihm geht es darum, Menschen in emotionalen Ausnahmesituationen zu begleiten und kreative Lösungen zu entwickeln, die auf die individuellen Bedürfnisse der Mandanten maßgeschneidert sind.
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